Ein Bericht von Dirk Herrmann in der Fellbacher Zeitung vom 24.12.2022
Die Vorsitzende des Stadtseniorenrats Fellbach erhofft sich ausgewiesene Parkplätze für die ältere Generation und verweist auf den Unteren Marktplatz in der Daimlerstadt. Dort sind spezielle Stellplätze ausgewiesen – es gibt aber einen rechtlichen Haken.
FELLBACH. Den örtlichen Stadtseniorenrat, so bilanzierte Fellbachs Erster Bürgermeister Johannes Berner im Sozialausschuss, „brauchen wir unbedingt“. Das Besondere sei, dass dieser „nicht die unmittelbaren Mitglieder, sondern eine ganze Generation vertritt“, und als Interessenvertretung der älteren Generationen in Fellbach wirke. Die vom Ausschuss als Grundfinanzierung genehmigte jährliche Förderung in Höhe von 4000 Euro sei eine sinnvolle Größenordnung, um eine „deutliche Stimme zu sein und aktiv einzutreten für die Älteren in Fellbach“ wie auch für Menschen mit körperlichen Einschränkungen, so Berner.
In ihrem Vortrag im Ausschuss ging die Stadtseniorenratsvorsitzende Roswitha Morlok-Harrer auf aktuelle Projekte ein, nannte etwa die Beratung bei Patientenverfügungen, Aktionen zur Barrierefreiheit, das Rollatortraining oder den Workshop „Lebenswertes Fellbach auch für Ältere“. Sie warb für öffentliche Toiletten in Oeffingen und wies darauf hin, dass Fellbach sich am 1. Oktober am landesweiten Aktionstag „Freie Gehwege für uns“ beteiligt hat.
Mit einem „neuen Thema“ rannte die Vorsitzende allerdings keine offenen Türen ein: Es geht um die Einführung von Parkplätzen für Senioren. Mögliche Fellbacher Standorte seien im Rathaus-Carrée, bei Optik Geyer oder auch in der neuen Mitte Schmiden, schlug sie vor.
Der Erste Bürgermeister meldete bei diesem Thema allerdings Bedenken an. „Der Gedanke ist charmant“, erklärte er zwar, doch reine Seniorenparkplätze seien in der Straßenverkehrsordnung „nicht vorgesehen“. Man werde die Angelegenheit jedoch prüfen. Morlok-Harrer empfahl darauf den Blick ins mittlere Remstal. Denn: „In Schorndorf gibt es solche Parkplätze.“
Das trifft zu, bestätigt Jessica Pulzer, Sachgebietsleiterin für Verkehrsangelegenheiten im Schorndorfer Rathaus, unserer Zeitung. Demnach wurden im Herbst 2019 als Folge eines Antrags der Grünen Liste auf dem Unteren Marktplatz neben zwei bereits bestehenden Behindertenparkplätzen zwei weitere Parkplätze für Senioren ausgewiesen. Allerdings erklärte Schorndorfs damaliger Erster Bürgermeister Edgar Hemmerich seinerzeit einschränkend, eine rechtliche Grundlage gebe es laut StVO nicht. Somit könne man Seniorenparkplätze weder rechtlich durchsetzen, noch könnten Verstöße geahndet werden. „Man muss bei einer solchen Kennzeichnung auf den guten Willen der Bevölkerung bauen.“
Dieser gute Wille scheint in Schorndorf durchaus vorhanden zu sein, wie Jessica Pulzer beobachtet hat. „Die Einhaltung basiert tatsächlich auf Freiwilligkeit, wir könnten es also nicht verfolgen, wenn Nicht-Senioren dort parken, und das Fahrzeug auch nicht abschleppen.“ Doch „größtenteils funktioniert es, die meisten halten sich dran, wir bekommen etliche positive Rückmeldungen“. Es müsse deshalb auch nicht irgendein Ausweis auf das Armaturenbrett gelegt werden. Und es muss auch zuvor nicht die Frage geklärt werden, ab wann man denn eine Seniorin oder ein Senior ist – allgemein akzeptiert würde wohl der Eintritt ins Rentenalter, also so ab Mitte 60. Ansonsten gilt auch hier der bekannte Spruch: „Man ist so alt, wie man sich fühlt.“ Zumindest auf freiwilliger Basis wäre nach dem Schorndorfer Vorbild die Einführung von Seniorenparkplätzen in Fellbach also möglich – was Bürgermeister Berner, so hofft Morlok-Harrer, einen Schub geben könnte, die Sache anzugehen.
Bei der Suche im weltweiten Netz sind allerdings nicht allzu viele Städte im Bundesgebiet zu finden, in denen auf Anregung der jeweiligen Seniorenbeiräte spezielle Parkplätze für Senioren ausgewiesen wurden. Bereits 2014 startete in der ostwestfälischen Stadt Lübbecke (26 000 Einwohner) ein Versuch: Drei Schilder „Seniorenparkplatz – Bitte nehmen Sie Rücksicht“ wurden auf dem Gänsemarkt-Parkplatz aufgestellt. Zur Verdeutlichung des Anspruchs bildlich unterstützt wurde das Ganze, wie das Forum „Hallo Lübbecke“ seinerzeit berichtete, von einem Pärchen, das Gehstöcke benutzt.
In der Kreisstadt Ebersberg in Oberbayern wurden in diesem Jahr auf dem Marienplatz Seniorenparkplätze ausgewiesen. Gar bundesweite Schlagzeilen machte dort bereits zwei Jahre zuvor eine spezielle „Seniorenampel“: An dieser können ältere Fußgänger die Grünphase am Überweg mit Hilfe eines aktivierbaren Chips, der im Bürgerbüro zu bekommen ist, von zehn auf 16 Sekunden verlängern. Sie haben so die Möglichkeit, sich beim Überqueren der Straße mehr Zeit zu lassen und sind so weniger Gefahren durch herannahende Autos ausgesetzt. So weit ist man im Rems-Murr-Kreis noch längst nicht. Aber einen Auftakt mit Seniorenparkplätzen könnten sich nach Schorndorf auch die anderen Großen Kreisstädte durchaus überlegen.